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Wir kriegen alle Stadionverbot, Stadionverbot, Stadionverbot !?

So, es ist mal wieder soweit, Babelsberger Fussballraudis sind unterwegs und verbreiten Angst und Schrecken. Eltern ziehen verzweifelt ihre Kinder von der Straße, Omas und Opas flüchten - den Einkaufrolli hinter sich herschleifend - in den nächstgelegenen Hauseingang, Rollläden werden geschlossen, Fenster verbarrikadiert, Ausnahmezustand, denn der Babelsberger Mob rückt an. Linksradikale Fußballhooligans überfallen regelmäßig Mecklenburger und Brandenburger Kleinstädte wie Schönberg, Neustrelitz oder Rathenow, selbst Rostock muss vor diesen Antifans geschützt werden. Dieses und ähnliche Bilder werden in letzter Zeit gern von MAZ, PNN und anderen Gazetten geschürt, wenn es um Fußballfans im Allgemeinem und Nulldrei-Fans im Besondern geht. Dabei rühren auch DFB, NOFV und selbst die Vereine kräftig mit. Sensationsjournalismus nennt man so was im Allgemeinen. Groß wird getitelt "Randale in Schönberg". MAZ-Autor Jens Tommer und wirft gleichzeitig dem Verein einen zu nachgiebigen Umgang mit den "Fans" vor. Ein weiterer Schrei nach dem Sicherheitswahn.

Die PNN berichtet, dass Geschäftsführer Ralf Hechel demnächst die Polizei mit Sprengstoffspürhunden mit den Einlasskontrollen betrauen will. Glaubt man der MAZ, wird der NOFV gegenüber "Wiederholungstäter SV Babelsberg" keinerlei Gnade walten lassen. Angst wird geschürt, ein gesamter Fanblock wird pauschal diffamiert und das nicht zuletzt vom eigenen Verein. Und wenn's dann sein muss, dann dürfen auch mal die Azubis der Polizei zum üben ran. Vorzeichen der Fußballweltmeisterschaften im eigenen Land?

Aber auch auf der anderen Seite wird radikalisiert, so wird den NOFV-Funktionären, als diese im Karli weilen, das volle Programm des pyrotechnischen Arsenals präsentiert. Man will sich beweisen. Nix mit Kreativität, nix mit subtilem Einfallsreichtum. Die "Fronten" verhärten sich auch in den eigenen Reihen. Im 03Forum steht schon eigentlich nicht mehr das Abbrennen von Pyros im Vordergrund der Diskussion, sondern Pyrogegner und Pyromanen echauffieren sich, wer denn die "wahren Fans" des SVB sind. Als ob es so was gäbe. Ich schrieb es schon im Forum und wiederhole mich hier gern noch mal: Es ist eine Diskussion um eine "Babelsberger FanLEITKULTUR" entbrand, die nur zu dem Ergebnis führen kann, dass Menschen ausgrenzt und diffamiert werden. Das ganze spielt sich teilweise auf einem Niveau ab, das weit unter der Grasnarbe des altehrwürdigen Karli-Liebknecht-Stadions liegt. Im Gästebuch wird anonym rumgepöbelt. Jegliches Fingerspitzengefühl scheint verloren. Und das kotzt mich an.

Ich will nicht, dass sich alle lieb haben und keine kritischen Diskussionen geführt werden. Ich will aber auch keine gegenseitige Ausgrenzung! Nicht zwischen Verein und Fans und erst recht nicht zwischen den Fans! Ich fordere eine kritische und konstruktive Diskussion. Das heißt aber, dass mensch sich auf andere Leute einlassen können muss und sie nicht vorher als senil, debil und obrigkeitshörig oder als jung, naiv und als gewalttätig einstuft, nur weil sie anders sind und andere Meinungen haben, als man selbst. Ich fordere eine problemorientierte Diskussion, die die Probleme und Bedürfnisse der unterschiedlichen Parteien ernst nimmt und diese nicht ignoriert.

Ich fordere vom Verein, dass er sich ernsthaft mit den Fans gerade in der Nordkurve auseinandersetzt und zu einem konstruktiven Umgang mit Pyrotechnik bereit ist. Nicht, dass ich den Verein nicht verstehen kann, wenn er sich vor DFB- und NOFV-Sanktionen fürchtet und sich deshalb hinter Statuten und Sicherheitsmechanismen versteckt. Er muss aber doch erkennen, dass er nicht der einzige Verein ist, der diesen Konflikt mit sich herum trägt. Ich kann nachvollziehen, warum er die Regeln nicht einfach über Bord schmeißt, aber er muss auch einen allmählichen Druck auf Institutionen wie den NOFV und den DFB ausüben. In kleinen aber erkennbaren Schritten. Was spricht z.B. gegen eine abgestimmte Aktion in der mensch zeigt, wie "gefährlich" das kontrollierte Abrennen eines Bengalos wirklich ist. Es wäre doch ein tolles Bild, das diesen Sachverhalt auch transportiert, wenn ein/e einzelne/r "Fackelläufer/in" während der Halbzeitpause eine Ehrenrunde auf dem Platz dreht und den Bengalo demonstrativ in einem Sandeimer auf dem Anstoßpunkt löscht. Fertig aus. Klar würde der Verein vom NOFV ne Strafe dafür bekommen, die würde aber bei weitem nicht so hoch ausfallen, als wenn "unkontrolliert" im Block über Minuten gezündet wird. Aus meiner Sicht bleibt dem Verein langfristig gar nichts weiter übrig, als sich diesem Konflikt konstruktiv zu nähern. Eine harte Linie würde nicht nur einen Grossteil der aktiven Nordkurvenfans vom Stadion zunehmend fern halten, sondern horrende Summen verschlingen, da sich mit Sicherheit die Trotzreaktionen verstärken würden.

Auf der anderen Seite fordre ich aber auch von den Pyro-manen Ver-ständnis für die Zwangs-lage des Vereins, die nicht mit "revolutionärem" Tatendrang überwunden werden kann. Es ist richtig und wichtig gerade auch dem Verein, den man liebt, kritisch gegenüberzustehen und von ihm Entgegenkommen einzufordern. Doch sollte man auch bereit sein, auf den Verein zuzugehen. Man kann auch mit anderen Hilfsmitteln im Block Anspielungen auf dieses Problem machen. Wir - und gerade die Ultras - haben doch schon oft genug bewiesen, dass wir zu kreativem optischem Support fähig sind. Ich erinnere hier nur an die "Tod-Choreografie" aus der letzten Saison. Weiß ich: überdimensionale Feuerzeuge, gemalte Riesenfackeln. Cool fänd ich ja ne Schneekanone als expliziten Gegensatz zum Feuer (Ok sehr unrealistisch). Wichtig ist ein ironischer aber selbstbewusster Umgang mit diesem Thema von Seiten der Nordkurvenfans. Eine "Jetzt erst recht"-Reaktion einzelner oder kleiner Gruppen ist nur kontraproduktiv und wird definitiv eskalierend sein, bei der wir als Fans nur verlieren können. Auch wird der Rückhalt, den Pyroaktionen im Block genießen zunehmend schwinden und das sich gegenseitig Ausgren-zen weiter voranschreiten. Dann einen langfristigen, guten, kreativen Support zu etablieren erscheint mir unmöglich.

Und zuerst fordere ich sowohl von Pyrobeführwortern und Pyrogegnern einen offen, kritischen Diskurs, in dem die Gegenüberstehenden respektiert werden. Ich kann die gegenseitigen Bezichtigungen, Beleidigungen und verbalen Attacken nicht mehr hören und erst recht nicht verstehen.

der kiezkicker

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