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Osterwasser am Bierbrunnen
Union Fürstenwalde hat eine bewegte Fußball-Vergangenheit. Zunächst als Abteilung von Union Oberschöneweide (später Union Berlin) gegründet, firmierte man ab Anfang der 1970er Jahre als Farmteam des BFC Dynamo unter eben diesem Stromerzeuger-Synonym. Ein erster Platz in der DDR-Liga 1979/80 und die folgende Teilnahme an den Aufstiegsspielen zur Oberliga (Niederlagen gegen Hansa Rostock, Chemie Böhlen und Energie Cottbus. Lediglich gegen Wismut Gera gab es einen Sieg.) sind einsamer Erfolg in der Historie. Motor Babelsberg landete übrigens ebenfalls in der Staffel B erst am letzten Spieltag auf einem Abstiegsplatz und musste in nach sieben Jahren DDR-Liga den schweren Gang in die Bezirksliga Potsdam antreten.
Nach der Wende spielte man wieder unter dem Namen Union Fürstenwalde überwiegend unterklassig, bis man nach der Fusion mit Wacker Fürstenwalde (2002) ab 2008 stetig vorwärts kam. Inzwischen hat sich Union Fürstenwalde in der Oberliga als Spitzenteam etabliert und das neue Friesenstadion, eine reine Fußballarena mit dem Namenssponsor Sparkasse Oder-Spree – abgekürzt S-OS Arena, ist nahezu fertig. Lediglich die in der Alten Försterei abmontierte Überdachung der Haupttribüne fehlt noch.
Vom Gästeparkplatz gings am historischen Hauptplatz des nach dem Freiheitskämpfer, Pädagogen und Mitbegründer der deutschen Turnkunst Karl Friedrich Friesen benannten Sportanlage vorbei, ehe ein erster Einkehrschwung am als Bierbrunnen firmierenden Stadionimbiss für Entspannung sorgte. Bei bestem Wetter betraten die Babelsberger über eine provisorische, aber effektive Schleuse den großzügig dimensionierten Gästebereich, indem sich schließlich über 300 Nulldreier tummeln sollten.
Bei Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen zeigte der SVB eine überaus konzentrierte Leistung und beherrschte den keineswegs schwachen Gegner über weite Strecken. Die Gastgeber bemühten sich um eine stabile Defensive und hatten Glück, dass der Linesman einen überaus nervösen Arm hatte. Ein ums andere Mal entwischten die Steinborn, Shala, Uslucan und Co. den Fürstenwalder Verteidigern. Auf der Gegenseite blieb Kevin Otremba jederzeit wachsam.
Während die Versorgung mit allerlei Osterwassern kaum etwas zu Wünschen übrig ließ, galt dieses Urteil nicht für die Sanitärsituation. Über die gesamte Spieldauer hatte eine Schlange vor den zwei Dixies bestand. Früher hätte man Bananen vermutet.
Im zweiten Abschnitt nutzten Enes Uzun und Andis Shala sich bietende Möglichkeiten mit zwei wunderschönen Toren zum letztlich verdienten 2:0 Endstand. Der Jubel auf Babelsberger Seite fiel entsprechend überschwänglich aus, während einige Anhänger der Gastgeber im Verbund mit überaus frustriert wirkenden Irrlichtern aus Köpenick, Hohenschönhausen und anderen gewaltfaszinierten Ortschaften der Ostberliner Hemisphäre auf Streit aus waren. Natürlich gibt es auch in Babelsberg den einen oder anderen Verpeilten, der meint man müsse dem Hooligan-Trend hinterherlaufen, wenn man besonders cool rüberkommen möchte. So fand sich - wer wollte - draußen auf der Straße wieder, und auch der Schutzmann suchte sich noch seinen Arbeitsnachweis. Erfreulicherweise gab es keine ernsthaften Beeinträchtigungen.
Die Fußballfreunde aus Babelsberg freuten sich hingegen über einen gelungen Finaleinzug und die immer wieder emotionsgeladene Begegnung mit dem FSV 63 Luckenwalde. Am 28. Mai gilt es, den Pott erneut ins Karli zu holen oder auch ihn hier zu behalten.
Nachdem der SVB zuletzt dreimal in Folge Platz 10 bzw. 11 der Regionalliga Nordost erreichte, macht sich nach der Hinrunde 2023/24 Euphorie im Babelsberger Kiez breit. Nach siebzehn absolvierten Spielen liegt das Team vom Babelsberger Park auf Platz 5 in Reichweite zur Tabellenspitze. Der erste Greifswald ist zwar neun Punkte entfernt, hat aber schon drei Spiele mehr ausgetragen. Auch Cottbus und der BFC, die in der Spitzengruppe platziert sind und unbedingt Meister werden wollen, müssen noch am Babelsberger Park aufdribbeln.
Mit einer deutlichen Leistungssteigerung quittierte die Mannschaft des SVB im Herbst 2021 die Trennung von Trainer Predrag Uzelac. Unmittelbar nach der Trennung legte die Elf vom Babelsberger Park mit dem Weiterkommen im DFB-Pokal gegen den Bundesliga-Aufsteiger Greuther Fürth ein Bravour-Stück ab. Es folgten weitere starke Auftritte gegen die Regionalliga-Spitzenteams BFC , BAK und Lok Leipzig. Auch in der Zweiten Hauptrunde gegen den Champions League Teilnehmer Leipzig verkaufte sich die nun von Jörg Buder betreute Equipe mehr als teuer. Nach zuletzt stagnierender Ergebniskurve steht jetzt das Pokal-Halbfinale gegen Energie Cottbus vor der Tür.
Bernd Schröder, ostzonaler Nestor des Frauenfußballs, formulierte einst „Frauenfußball ist keine Naturwissenschaft“. Wer wollte dieser schlichten Wahrheit widersprechen. Die brandenburgische Landesregierung hat sich Schröders Motto zu eigen gemacht. „Brandenburg. Es kann so einfach sein.“ lautet die Marketing-Botschaft von „Scholz und Friends“.
Der SVB ist nach Aussagen der Verantwortlichen gut durch die Corona-Krise gesegelt. Die wirtschaftlichen Belastungen durch fehlende Zuschauereinnahmen kompensierte der Verein durch Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeitergeld und andere Zuschüsse. Hin und wieder konnte man sich bei Verlautbarungen der Gremien nicht des Eindrucks verwehren, ohne Meisterschaftsspielbetrieb wären die wirtschaftlichen Sorgen kleiner als im Normalbetrieb.
Es war einmal vor langer Zeit, um genau zu sein: vor zwanzig Jahren. Da schickte sich ein kleiner Fußballverein aus einem Stadtteil der Landeshauptstadt Potsdam an, die große bundesdeutsche Fußballwelt zu erobern. Die Rede ist natürlich von unserem SV Babelsberg 03.
Die befreiende Wirkung des Pokal-Halbfinal-Sieges über Energie Cottbus manifestierte sich in einem Jubelempfang am Karl-Liebknecht-Stadion. Mahnende Stimmen, mit dem überzeugenden Auftritt im bisher selten geliebten Stadion der Freundschaft sei noch nichts erreicht, wurden weitgehend ignoriert. Im Finale am Tag der Amateure trifft Nulldrei am 29. Mai 2021 in Luckenwalde auf den Vorjahres- und vermeintlichen „Angst“-Gegner aus Fürstenwalde. Derweil treiben die Verantwortlichen des SVB die Kaderplanung für die neue Spielzeit voran. Babelsberg 03 verkündete mit Jakub Moravec und Marcel Rausch die ersten Neuzugänge.