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Sandscholle adé - Willkommen in Rehbrücke?!
Seit Jahr und Tag wird in Potsdam die fehlende Ausstattung mit Vereins- und Freizeitsportanlagen beklagt. Auch vor Beginn des großen Bevölkerungswachstums – bereits seit 1999 verzeichnet Potsdam jährliche Zuwächse bei den Einwohnern – fehlten im gesamten Stadtgebiet Sporthallen und Sportplätze für Trainings- und Spielbetrieb der Sportvereine und den Freizeitsport.
Die kontinuierlich wachsenden Bevölkerungszahlen gehen mit einer erheblichen Nachfrage bei der Kinderbetreuungs- und Bildungsinfrastruktur einher. Leider hat die Landeshauptstadt in den vergangenen 15 Jahren zahlreiche Schulen geschlossen und die zugehörigen Grundstücke veräußert. 2008 wurde beispielsweise das Espengrund-Gymnasium im Herzen Babelsbergs unweit der Sandscholle geschlossen und erst 2010 - als das rasante Bevölkerungswachstum längst im Gange war – wurden Grundstück und Gebäude verkauft. Zuvor waren bereits Schulsportplatz (Großspielfeld) und Pausenhof teilweise veräußert und bebaut worden.
Der Bedarf einer zusätzlichen Grundschule in Babelsberg ist unstrittig. Angeblich wurden mehr als 20 Standorte für einen Schulneubau geprüft und verworfen. Neben der grundsätzlich beschränkten Verfügbarkeit geeigneter Grundstücke dürfte es vor allem die zeitliche Komponente sein, die eine Inanspruchnahme der Sandscholle aus Sicht von Politik und Verwaltung nahezu alternativlos erscheinen lässt. Denn generell hat die Stadt über die planungsrechtliche Ausweisung von Gemeinbedarfsstandorten im Rahmen der Bauleitplanung die Möglichkeit, Zugriff auf private Grundstücke zu erlangen, ohne dafür angesichts der überhitzten Marktlage Mondpreise an private Grundstückseigentümer zu zahlen. Der Zeithorizont für entsprechende Bebauungsplanverfahren samt Grunderwerb und ggf. Enteignung dürfte jedoch mindestens drei bis fünf Jahre exklusive möglicher gerichtlicher Auseinandersetzungen umfassen. Diese Zeit hat die Stadt nicht, um der Pflichtaufgabe Schule nachzukommen und auch für denkbare Zwischenlösungen benötigt man Platz und Baurecht.
Letztlich werden sich vor diesem Hintergrund weder die Hauptnutzer der Sandscholle, Babelsberg 03 und Concordia Nowawes, noch betroffene Freizeitsportler dem Ansinnen der Landeshauptstadt entziehen können. Es gibt schlichtweg keine Rechtsposition, die eine konstruktive Auseinandersetzung zum Erhalt der Sandscholle ermöglicht. Die emotionale Argumentation mit Identität und Tradition ist für den Erhalt der Sandscholle letztlich ein stumpfes Schwert.
Im Rahmen der AG Schulentwicklung der Stadt wurde mit Vertretern der Verwaltung, der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung und den von einer Inanspruchnahme der Sandscholle für einen Grundschulneubau betroffenen Vereine nach Lösungen gesucht. Der dabei vorgeschlagene Kompromiss (neuer Standort Rehbrücke mit zwei Großspielfeldern und Funktionsgebäude, Erneuerung des Kunstrasens an der Sandscholle und Ergänzung eines Kleinspielfeldes, Instandsetzung der Nowawiese) kann die Schmerzen, die mit einem Verlust der Sandscholle einhergehen würden, kaum kompensieren. Wenn in Potsdams Mitte mehr geklotzt als gekleckert wird, die Bürger ihre Stadt in den Kiezen aber nicht mehr wiedererkennen, ist Protest programmiert. Über 2.200 Unterschriften für die Petition zum Erhalt der Sandscholle sprechen eine eindeutige Sprache.
Es gibt allerdings auch Sachgründe, die einen auf den ersten Blick vielleicht fragwürdigen Kompromiss in einem anderen Licht erscheinen lassen. Mit einem Erhalt der Sandscholle in der heutigen Form wird das oben angesprochene, strukturelle Defizit bei Sportflächen nicht beseitigt. Die schon heute überlasteten Spielfelder und die für den gegenwärtigen Trainings- und Spielbetrieb ohnehin unzureichenden Kabinen- und Sanitärkapazitäten würden weiter aus Verschleiß gefahren. Eine Perspektive der Fußball-Ausbildung in Form eines DFB-lizenzierten Nachwuchsleistungszentrums wäre am Standort Sandscholle nur eingeschränkt möglich.
Vor diesem Hintergrund erscheint eine Lösung mit Schulstandort an der Sandscholle und einem neuen, leistungssportlich orientierten Standort am Bahnhof Rehbrücke als Kompromisslösung, die für die Potsdamer Sportfamilie durchaus Vorteile bietet. Auf einem Grundstück am Rande des Wohngebiets Waldstadt II sollen zwei wettkampftaugliche Großfeld-Sportplätze (Rasen, Kunstrasen) entstehen, um den Verlust der Sandscholle zu kompensieren. Die Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Tram, Bus, Regionalbahn) dürfte in Rehbrücke sogar besser sein als an der Sandscholle. Zwei für den Spielbetrieb im Großfeldbereich geeignete Fußballplätze einschließlich modernem, leistungssportlich orientiertem Funktionsgebäude bieten für die Großfeldmannschaften ab dem C-Jugend-Bereich (13-14 Jahre) gute Bedingungen. Die Nachwuchsfußballer in diesem Alter können durchaus auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad aus Babelsberg nach Waldstadt fahren. Jüngere Fußballer werden ebenso wie Schulkinder in der Regel durch die Eltern zu den Trainingsterminen gebracht und abgeholt, so dass der Standort im Kleinfeld-Bereich jedenfalls hinsichtlich der Erreichbarkeit für Kinder nur eine untergeordnete Rolle spielen dürfte.
Die Aufgabe der Sandscholle würde wehtun. Jahrzehntelang schlug hier das Herz der Babelsberger Nachwuchsabteilung. Doch schon heute pendeln die Mannschaften, Trainer und Betreuer zwischen den Standorten Karl-Liebknecht-Stadion und Sandscholle sowie im Winterhalbjahr den verschiedensten Hallenstandorten in ganz Potsdam. Mit einer klaren Zuordnung des SVB-Basis-Bereichs (Minikicker bis U11) zum Karli bzw. zur erneuerten Sandscholle und des Aufbau- und Leistungsbereichs (U12 bis U19, U23) zum Standort Rehbrücke wären bessere Voraussetzungen für die langfristig erfolgreiche Nachwuchsarbeit des SVB gegeben als heute. Wenn Concordia Nowawes als wichtiger Partner auf der Sandscholle von einem erneuerten Kunstrasenplatz und einem zusätzlichen Kleinspielfeld sowie der instandgesetzten Nowawiese partizipieren könnte, wären auch hier bessere Bedingungen als gegenwärtig gegeben.
Natürlich wäre eine solche Lösung mit einem bitteren Geschmack verbunden, doch ein altes Sprichwort sagt: Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme! Wenn schon die Sandscholle geschliffen werden soll, muss adäquater Ersatz her, egal ob für Nachwuchskicker, Freizeitsportler oder Profis!
PS: In der Ehrentribüne steckt soviel Beton, Ihr werdet Euch noch wundern ;-)