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Eine Fußballreise ins schöne Prag

Das erste mal seit 12 Jahren wollte ich mal wieder nach Prag und natürlich sollte auch Fußball auf den Plan stehen. Die Anfahrt erwies sich als recht schwierig, das große Wasser der Elbe und Mulde hatte seine Spuren hinterlassen. Und so waren die bekanntesten Grenzübergänge Zinnwald und Schmilka geschlossen, teilweise gibt es nicht einmal mehr die Straßen dorthin, und so musste ich viele Umwege fahren um irgendwo in den Bergen in die befreundetet Tschechische Republik einzufahren. Dort lief es besser und so war ich pünktlich zum ersten Match in Prag. Sogar noch eine Stunde vor Spielbeginn, so konnte ich noch ein bisschen die Umgebung des Strahov-Stadions erkunden. Hier spielten heute im UEFA-Cup Viktoria Zizkov gegen die Glasgow Rangers. 250 Kronen (ca. 8 EUR) war Eintritt, Kontrollen gab es keine und um halb sechs ging es los. Sieben Minuten nach halb sechs stand es 1:0 für Zizkov (Torschütze Pikl). Das Stadion war fest in schottischer Hand und für kurze Zeit versummten ihre Gesänge. Aber dann ging es lauthals weiter. Von Zizkov war nicht viel zu hören, aber dafür spielten sie besser. In der 40. Minuten gab es einen Elfmeter für die Rangers, aber den hätte wohl jeder gehalten. So stand es zur Pause 1:0 für Zizkov, was schon eine Überraschung war. Das Bier kostete im Stadion 20 Kronen (ca. 0,70 EUR) und um den Nachschub braucht man sich nicht zu sorgen, hübsche junge Mädchen bringen den leckeren Gerstensaft bis auf die Ränge. Beispielhaft.

Der FK Viktoria Zizkov ist einer der ältesten Prager und auch tschechischer Fußballclubs, 1903 von Studenten des Real-Gymnasiums von Zizkov gegründet. 3427 Zuschauer waren zum Spielgekommen, wie gesagt der Großteil mit Bussen aus Schottland. Eigentlich ziemlich wenig und so war das Strahov-Stadion auch nur spärlich gefüllt. Es passen schließlich gut 20.000 Leutchen hinein, aber die Stimmung war nicht schlecht (was Glasgow anging).
Die zweite Halbzeit war für die Schotten noch schlechter als die erste. Zizkov machte das Spiel, Glasgow war ideenlos und plötzlich stand es 2:0 (Torschütze Straceny). Nun erwachten auch die Prager Zuschauer. Aber wer dachte, die Rangers schaltetetn eine Gang höher - Pustekuchen. Es spielte Zizkov und so gab es auch noch einige Chancen um zu erhöhen. Lattenschuß, indirekter Freistoß im 16er sowie ein kapitaler Abwehrfehler von Glasgows Torwart Stefan Klos (ex-Dortmund) brachten nix ein. Zum Schluss drängte Glasgow, aber Pavel Kucera im Viktoria-Tor hielt alles und so war die Sensation nach 95 Minuten perfekt. Der Underdog aus Prag schlug die europäische Spitzenmanschaft Glasgow Rangers (immerhin mit Klos, Caniggia, R. de Boer, Arveladse ....) mit 2:0 - hochverdient und hocherfreut. Aber ein schottischer Fußballfreund ist kein Fan, wenn er nicht auch bei Niederlagen zu seinem Team hält und weitersingt. So geschehen.
Ich machte mich vom Acker um einen Campingplatz zu suchen, aber fast alle Plätze sind dem Hochwasser zum Opfer gefallen. Und nachdem ich zweimal durch Prag gegondelt war, hatte ich in der Nähe vom Strahov-Stadion einen netten Platz gefunden.
Am nächsten Tag stand Sightseeing auf dem Programm und da man Prag nicht an einem Tag sehen kann, blieb ich auch gleich vier tage dort. Ich hab ja schon einige Städte gesehen, aber Prag ist einfach mit die schönste. Prag wurde im Krieg nicht zerstört, hat besser gesagt nichts abbekommen, und so begegnen einem auf Schritt und Tritt alte schöne Bauwerke. Leider wurde einiges durch das verheerende Hochwasser in diesem Sommer in Mitleidenschaft gezogen, links und rechts der Moldau ist einiges im Argen und man ist stark am renovieren. Teilweise stand das Wasser zwei bis drei Meter in den Straßen und wo einst schicke Kneipen existierten, sind heute nasse Wände und stinkt nach Moder. Nach etlichen Stunden Fußmarsch ging es zurück zum Camp. In einer Tankstelle (!!!) sah ich mir die zweite Halbzeit vom Champions League-Spiel Feyennoord - Juventus (1:1) an, dann ging´s ins Bett.
Der nächste tag sollte wieder Live-Fußball bringen. Doch bis dahin (20.30 Uhr) war noch viel Zeit und ich machte mich wieder auf Entdeckungstour. Bin extra früh zur Prager Burg (Hradschin) rauf, aber trotzdem Himmel und Leute. Vorwiegend Deutsche und Japaner, an den Touristen-Highlights kommt man sich schon vor wie in Klein-Tokio, überall wird geknipst und sich verbeugt. Aber das sind freundliche Leute und die haben nicht so eine große Klappe wie der deutsche Pragreisende, vorwiegend in Form von pubertierenden Schulklassen. Aber trotz alledem ist Prag unbedingt zu empfehlen.
Zum Fußball. An diesem Donnerstagabend das zweite UEFA-Cup-Spiel innerhalb von zwei Tagen: Sparta Prag empfing die bosnische Mannschaft vom NK Siroki Brijeg. Das Spiel fand im Sparta-Stadion statt, mit über 20.000 Zuschauern das größte Stadion in Prag und ein reiner Fußballground. Viele Zuschauer waren wohl nicht zu erwarten, ich dachte eigentlich weniger als bei Zizkov, aber es waren 5243 da, davon ca. 50-70 aus Bosnien, genauer aus dem kroatischen Teil des Balkanstaates. In der ersten Halbzeit passierte nicht viel, Sparta, ganz in weiß, machte das Spiel, von Brijeg nicht viel zu sehen. Auf den Rängen war auch nicht viel los. Sparta ärgerte die Bosnier mit "Jusgoslavie"-Rufen, diese konterten mit "Slavia-Slavia". Kurz vor der Halbzeitpause dann das erste Tor, Pospisil schoss das 1:0 für Sparta. Die Versorgung ließ hier zu wünschen übrig, das Bier alkoholfrei (und das in Prag) und hübsche Mädels bedienen einem hier auch nicht. Dafür ist es aber ein tolles Stadion und der Eintritt war nur 100 Kronen (3,30 EUR). In der zweiten Halbzeit spielte nur noch Sparta Prag und folgerichtig fiel auch das 2:0 in der 63. Minute (Baranek) und eine Viertelstunde später sogar noch das 3:0 durch Karel Poborsky mit Fallrückzieher. Die einzige kleine Chance von Brijeg machte Torwart Blazek zunichte. 3:0 der Endstand in einem sehr einseitigem Spiel. Dafür waren viele Ordner und Polizisten im Einsatz, die Kontrollen am Einlass waren aber witzlos.
Also Zizkov gewonnen, Sparta gewonnen, jeweils ohne Gegentor, und auch die anderen zwei tschechischen Vereine schufen sich im UEFA-Cup ganz gute Ausgangspositionen für die Rückspiele. Slavia Prag spielte beim belgischen Mitstreiter Exelsior Mouscron 2:2, und Slovan Liberec gewann zu Hause gegen Dinamo Tblissi (Georgien) mit 3:2.
Der Tag nach dem Fußball gehört dem Fußball und so nahm ich mir heute bei ollem Nieselregen vor, die anderen Stadien der Prager Clubs anzusehen. Als erstes ging es nach Zizkov (gleich hinter´m Hauptbahnhof), wo Viktoria in einem kleinen Stadion zu Hause ist. Fassungsvermögen nur knapp 8000 Zuschauer. Weiter ging es in den Süden Prags, wo die Stadien von Slavia und Bohemians nur zwei Staßenbahnhaltestellen von einander entfernt liegen. Das Slavia-Stadion ist alt, hässlich, die Kurven sind mit Unkraut überwuchert. Es spielt auch nur noch die zweite Slavia-Mannschaft dort, und die kicken in der 3.Liga. Die erste Mannschaft Slavias spielt im schicken Strahov. Das Bohemians-Stadion (ca. 13.000 Zuschauer) ist nicht viel attraktiver, es spielen dort die "Kängurus" Bohemians Prag - derzeit Letzter in der "Gambrinus Liga (erste tschechische Liga). Internationale Spiele werden in Prag nur in dem UEFA-tauglichen Sparta- und Strahov-Stadion ausgetragen.
Am nächsten und letzten Tag meines Pragausfluges wollte ich mir eigentlich noch ein Spiel aus der zweiten Liga zwischen Sparta Prag II und dem FC Chomutov ansehen. Es sollte um 10.15 Uhr (!) anfangen (in Tschechien fangen viele Spiele zu dieser zuschauerfreundlichen zeit an), aber leider streikte mein Bus, es spritze überall das Öl hinaus und ich musste ihn erst einmal reparieren. Als dies geschehen, war das Spiel fast vorbei und so fuhr ich gleich nach Haus.
Die Rückrunde des UEFA-Cups erster Runde gingen allesamt für die tschechischen Teams erfolgreich zu Ende. Den größten Erfolg erreichte wohl unbestritten Viktoria Zizkov, die zwar in Glasgow 1:3 verloren, aber Dank der Auswärtstorregel gelang die große Überraschung. In der Höhe wohl auch überraschend das 5:1 Slavias über Mouscron. Sparta Prag gewann in Brijeg mit 1:0 und auch Liberec war 1:0 in Georgien erfolgreich.
Die zweite Runde hat schon mit etwas härteren Brocken für unsere vier Vereine aufwarten, aber auch diese Aufgaben können lösbar sein. Zizkov spielt gegen Betis Sevilla, Sparta darf sich mit Denizlispor (Türkei) auseinander sezten, Slavia hat als Kontrahenten die Jugoslawen Partizan Belgrad und Slovan Liberec hat Ipswich Town zugelost bekommen. Drücken wir die Daumen.

Banane

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