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Fußballgeschichte Babelsberg
Saison 1949/50 - Die Rückrunde

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Wir erinnern uns: die BSG “MV” lag nach katastrophalem, aber rekordträchtigen Oberligaauftakt zu Winterpause auf einem überraschend guten Mittelfeldplatz. An der Tabellenspitze hingegen drei Mannschaften punktemäßig gleichauf: die SG Dresden Friedrichsstadt, Horch Zwickau und Waggonbau Dessau. Alles war noch offen. In der Rückrunde sollte ein heftiger Kampf um die erste DDR-Meisterschaft sowie gegen den Abstieg geführt werden.
Erster Gast, am 8.Januar 50, war Abstiegskandidat Anker Wismar. MV begann vor 5000 Schaulustigen offensiv, Giesler vergab gleich in den ersten Minuten zwei Hochkaräter. In der 13. Minute muß Schrippe vorübergehend verletzt vom Platz. Giesler I geht ins Tor. Mit 10 Mann beginnt dann Babelsbergs stärkste Phase. Minute 25. - Schlüter flankt und Tietz vollendet - 1:0. Als Schröder nach einer Viertelstunde zurückkehrt, macht sein Vertreter per Kopf das 2:0. Wismar steht jedoch gut , verhindert einen höheren Rückstand. In der 70. gelingt ihnen sogar der Anschluß. Babelsberg kann den Sieg jedoch über die Zeit bringen.
Sieben Tage später gehen die Rothemden vor 13000 Hallensern ein. Trotz einiger Chancen unterliegt man mit 0:3. Ein großartiger Torwart Schröder verhindert dabei noch schlimmeres.
Mit einer Notelf (Tietz, u. Kandziorra verletzt) läuft Babelsberg beim Titelmitbewerber Dessau auf. Eine gute halbe Stunde kann man mit den Waggonbauern noch mithalten, dann werden die Volksstimmler überrollt. Innerhalb von zwanzig Minuten gelingt Dessau mit fast jedem Schuß ein Tor. 4:0 zur Pause. Die Babelsberger geben sich aber nicht auf. Mit neuem Schwung kommen sie aus der Kabine und Behrend erzielt alsbald den Anschluß. Weitere gute Möglichkeiten werden jedoch vergeben - die Dessauer Kiste scheint wie vernagelt. Kurz vorm Abpfiff nutzten die Gastgeber ihre einzige Chance in Hälfte 2 zum 5:1.
Erneut fünf Treffer kassiert man gegen Schlußlicht Schwerin. Achillesferse dabei Babelsbergs junger Ersatzkeeper Lemberg, der erstmals zwischen den Pfosten stand. Seine Unsicherheit steckte letztlich die ganze Mannschaft an. 2:5 am Ende!!
Weitere Ausfälle zehren an der Substanz. Ohne die verletzten Schröder, Tietz, Giesler II, Fabian und Schlüter gingen die Zeitungssportler vor 12000 Zuschauern in Erfurt mit 0:5 unter. Damit schmolz das Punktepolster zu den Abstiegsrängen auf magere 5 Pünktchen. Horch Zwickau inzwischen alleiniger Tabellenführer, da Dresden vor 30000 Anhängern in Leipzig nur unentschieden spielte.
Am 12. Februar - nach drei Niederlagen mit jeweils fünf Gegentoren in Folge - erwartete man den Spitzenreiter aus Zwickau auf dem Karli- Sportplatz. Klar, das niemand an einem Sieg der Gäste zweifelte. Doch wie zumeist, kam es ganz anders. die MVler dominierten von Beginn an die Partie. Vor 5000 Zuschauern rollte Angriff auf Angriff Richtung Westsachsentor. Zehn Minuten vor der Pause gelingt “Uschi” Behrend das erste Tor. Ein weiteres wird nicht anerkannt. Nach der Pause spielt Horch mit Rückenwind. Das Spiel wurde offener. Noch zwanzig Minuten. Elfmeter für Zwickau. Vorbei! Dann doch der Ausgleich, nur fünf Minuten später. Kurz vor Ultimo erneut ein zweifelhafter Strafstoß für die Gäste. Ersatzkeeper Brinkmann hält das Unentschieden jedoch fest. Durch dieses 1:1 verliert Zwickau die Tabellenführung an die Dresdner.
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Nach diesem achtbaren Ergebnis scheinen die Babelsberger sich wieder gefangen zu haben. Eine Woche später bezwingt man vor 7000 Anhängern die ZSG Leipzig mit 3:1. Leipzigs Führungstreffer egalisiert Balduin nicht viel später per Elfmeter. Fortan sind die MV-Sportler den Gästen drückend überlegen. Im Mittelfeld verteilt Wolfrum diesmal geschickt die Bälle und in der 65. ist es endlich soweit - Schupo Tietz netzt zur verdienten Führung ein. Das 3:1 erzielt Wolfrum anschließend im Alleingang. An der Spitze erneut ein Wechsel, denn 40000 Zuschauer sahen beim Spiel Dresden gegen Erfurt nur eine Nullnummer
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Am 5. März kam es zum sogenannten Skandalspiel gegen Meerane. 5000 Babelsberger bejubelten zur Pause eine klare 3:0 Führung (2x Wolfrum, 1x Giesler), der Lange verschießt dabei sogar ´noch einen Elfer. Nach dem Seitenwechsel die Roten wie ausgewechselt. Innerhalb von 15 (!!) Minuten kippt das Spiel und die Gäste führen mit 4:3. So bis zum Abpfiff. Dann tumultartige Szenen, als die Meeraner, allen voran Verteidiger Mühlbacher - der den Babelsberger Anhang während des Spiels ständig provozierte - durch den Babelsberger Park gejagd wurden. Von Seiten der Presse wurde dem Schiri später eine erhebliche Mitschuld an der Eskalation zugesprochen.
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Zum Brandenburger Derby kam es sieben Tage darauf. Brieske brannte auf Revanche, wollte die Hinspielniederlage vergessen machen. MV jedoch stark, ging durch Wolfrum in Führung. Brieske steckte nicht auf, erzielte Ausgleich und sogar die 2:1 - Führung. Noch mit dem Pausenpfiff traf erneut Wolfrum zum Ausgleich. Nach Wiederanpfiff gingen erneut die Gäste durch Giesler I in Front. Die Knappen kämpften nun und ... konnten erneut ausgleichen und dann die 4:3 Führung erzielen. Was für ein Spiel! Kurz vor Schluß kann ein Briesker Verteidiger den Babelsberger Ausgleich verhindern, indem er den Ball auf der Linie klärt. Im Spitzenspiel verabschieden sich die Dessauer nach Niederlage in Zwickau aus dem Meisterschaftsrennen. Und auch Dresden muß die Westsachsen vorerst mit 3 Punkten davonziehen lassen.
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25000 Zuschauer erwarteten nach dem 12:2 in Babelsberg ein erneutes Schützenfest beim Rückspiel in Dresden. Doch die Rot-Schwarzen Babelsberger, mit dem wiedergenesenden Schröder zwischen den Pfosten, machten dem einen Strich durch die Rechnung. Aus einer dichten Deckung heraus, rollte der MV-Sturm in Hälfte eins fortwährend gen Dresden-Tor. Ein Treffer wollte jedoch nicht fallen. In der Pause stellte Dresden um und nun waren es die Sachsen, die sich vermehrt Chancen erspielten. In der 68. die Führung der Gastgeber, die daraufhin einen Gang zurückschalteten und auf Ergebnishalten spielten. Doch drei Minuten vor dem Schlußpfiff gelang Giesler I der hochverdiente Ausgleich. Und während Dresden damit den Anschluß an Zwickau vorerst verlor, konnten en die Babelsberger nun 3 Spieltage vor Schluß ihren Verbleib im Oberhaus feiern.
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Ein 3:1 gegen Abstiegskandidat Stendal ließ die Zeitungssportler sogar noch auf Platz 7 der Tabelle vorrücken. Die 2:0 Führung (Doppelschlag Gieslers) nach nur acht Minuten erwies sich jedoch als Strohfeuer. Stendal kämpfte und erzielte nach der Pause den Anschluß. Zum Glück erwachte Babelsberg dadurch und nahm das Spielgeschehen wieder in die Hand. Mit ihren gefürchteten Flachpasskombinationen knackten sie mehrmals die Gästeabwehr. Giesler machte mit seinem dritten Tor dann den Sack zu. Spannung weiter an der Oberligaspitze, denn während Zwickau in Halle 0:4 unterlag, übernahm Dresden zwei Spieltage vor Schluß nach dem 3:2 über Dessau wieder die Tabellenführung.
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Zum letzten Heimspiel erwartete man mit Altenburg einen weiteren vermeintlichen Absteiger im Karli. Die Babelsberger enttäuschten ihren Anhang jedoch mit lustlosem Gekicke, taten beim glücklichen 2:1 (Tietz, Behrend) nur das allernötigste. Im Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitze blieben diesmal beide Teams erfolgreich. Und wie es der Spielplan wollte, erwarteten die Dresdner die punktgleichen Verfolger aus Zwickau am letzten Spieltag im Heinz-Steyer-Stadion.
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Dieses Spiel entwickelte sich jedoch zu einer Farce, denn vor ausverkauftem Haus mit 60000 Zuschauern siegte Horch Zwickau in einer von ihnen unfair und teilweise brutal geführten Partie gegen am Ende acht verbleibende Dresdner (Auswechslungen gab es damals noch nicht) mit 5:1. Die BSG Horch Zwickau war erster DDR-Meister. Mit dem Schlußpfiff stürmen die Dresdner den Platz, greifen Zwickauer Spieler sogar tätlich an. Berittene Polizei muß schließlich eingreifen.

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Wie später bekannt wurde, ließ der Fußball-Spartenleiter Gerhard Schulz den Schiedsrichter Willy Schmidt aus Schönebeck in seine Wohnung bringen, um ihn auf einen Zwickauer Sieg einzustellen. Die als bürgerlich bezeichnete Mannschaft der SG Dresden-Friedrichsstadt durfte nicht Meister werden. Stattdessen sollte eine BSG, ein Sinnbild des Sozialismus den Titel bekommen, so auch der Wunsch Walter Ulbrichts. Erwähnte Tumulte nach dem Spiel führten schließlich dazu, daß die Mannschaft von Spielertrainer Helmut Schön aufgelöst wurde. Trainer und viele Spieler wechselten zur westlichen Hertha, der 1. Skandal im DDR-Fußball war perfekt!
Gera-Süd entrann mit einem 2:1 gegen Babelsberg in letzter Minute dem drohenden Abstieg. Die BSG Märkische Volksstimme belegte am Ende einen guten 7.Platz, und unterstrich damit den Anspruch zur ostdeutschen Fußballelite der Nachkriegszeit zu zählen.

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