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Der König ist tot! Es lebe der König!

Die Ära Kaminski ist zu Ende und man fragt sich, wie konnte es dazu kommen? Vom bei den Fans mehr oder weniger gehaßten Baustadtrat hat es unser ex-Präsident mit dem Aufstieg der Mannschaft in die zweite Bundesliga selbst bei den größten Kritikern zum anerkannten Vater des Erfolges und Sonnenkönig gebracht.
Um so mehr verwundert es den außenstehenden Betrachter, wie sang und klanglos er nun von den Vereins-gremien geschaßt wurde. Offiziell aus Zeitgründen und im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat sollte er den Chefsessel für den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Schulten freimachen und selbst in den Aufsichtsrat gewählt werden. Doch an das unwürdige Schauspiel, das die führenden Vereinsgremien in der Zweitligasai-son aufführten, schloß sich eine abstruse Mitgliederversammlung nach Saisonende an. Der neue Vorstand unter Marc Schulten beherrscht offensichtlich nicht einmal das kleine einmal-eins des Vereinslebens.
Als Baustadtrat fing Kaminski 1993 an, im Vorstand von Babelsberg 03 mitzuarbeiten. Durch seine guten Kontakte in die Bau- und Immobilienbranche war der "Schwarze Abt", wie Kaminski ob seines Outfits und seines Auftretens als starker Mann auch genannt wurde, schnell der Macher in Babelsberg. Zeitweise hielt sich hartnäckig das Gerücht, daß man für Babelsberg 03 zu spenden hätte, wollte man eine Baugenehmi-gung in Potsdam erhalten. Hauptsponsor wurde eine Berliner Immobilienfirma namens Quadriga, die auch in Babelsberg einige Objekte entwickelte (z.B. das Wohn- und Geschäftshaus an der Schornsteinfeger-gasse/Karl-Liebknecht-Straße). Sie hatte sich jedoch mit einigen Projekten überhoben und ging nach Platzen der großen Seifenblase im Immobilienbereich pleite.
Mit der unter Kaminski nach Potsdam geholten Bundesgartenschau trat der Gartenbauunternehmer Johan-nes Gerats aus Schleswig-Holstein mit seiner Firma Hinz Garten- und Landschaftsbau, der auch schon bei Hansa Rostock und dem THW Kiel Co-Sponsor war, auf den Plan. Er witterte in Potsdam ein gutes Geschäft und engagierte sich - wie es eben unter Kaminski üblich war - bei Babelsberg 03 als Hauptsponsor. In der ersten Regionalligasaison soll er ca. 1 Mio. DM als Hauptsponsor aufgebracht haben. Das Abenteuer nahm ein böses Ende. Er drehte am ganz großen Rad und lies sich und seine Frau unter mysteriösen Umständen von seinem Fahrer erschießen. So schrieb es schrieb es zumindest damals der Stern. Nulldrei stand kurz vor dem aus und konnte sich nur mit Notverkäufen von Spielern über Wasser halten.
Wie es Kaminski gelang, trotz der wirtschaftlichen und daran anschließenden sportlichen Misere den Verein über Wasser zu halten, ist bis heute rätselhaft. Durch eine glückliche Personalpolitik gelang in der zweiten Regionalligasaison der Aufstieg in die eingleisige dritte Liga und dann der sensationelle Aufstieg in die zweite Bundesliga. Kaminski hatte damit seine Zielstellung aus der Verbandsliga erfüllt. Als dann auch noch der Traum vom Flutlicht in Erfüllung ging, war der Zenit für Kaminski erreicht.
Finanzielle Unterstützung in der Not fand Kaminski wohl über seine Parteifreunde bei der SPD. Die Tochter-gesellschaft der Landesentwicklungsgesellschaft LEG Wohnen sprang als Trikotsponsor ein. Der Spiegel schrieb über das Finanzgebaren des Landes: "Immer abstruser wurden die Aktivitäten der LEG. Selbst einen Fußballverein, den SV Babelsberg 03, rettete sie. Als dem Club Sponsoren abhanden gekommen waren, sprang die damalige LEG-Tochter LEG Wohnen mit mehreren hunderttausend Mark ein." Chef der LEG Wohnen war damals übrigens unser heutiger Vorstands- und damaliger Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Marc Schulten.
Der Anfang vom Ende begann wohl mit der Abwahl Kaminskis als Baustadtrat von Potsdam. Er war über einen preisgünstigen Optionsvertrag für eine Eigentumswohnung in bester Potsdamer Innenstadtlage ge-stolpert. Einem so cleveren und mit allen Wassern gewaschenen Politiker traute man eine solche Leichtsin-nigkeit und soviel Naivität kaum zu.
Mit dem Verlust der Macht im Rathaus verlor er vermutlich auch den notwendigen Einfluß auf potentielle Sponsoren. Damit war der vereinsinternen Opposition endlich die Vorlage gegeben, Kaminski abzulösen. Schon lange gab es in Babelsberg Kritiker, die sich gern im Licht des Erfolges des Vereins gesonnt hätten, aber nicht zum Zuge kamen. Bis dahin hatte Kaminski immer das Geld besorgt, um den Verein am Leben zu erhalten. Ein Statement Kaminskis ist mir noch im Ohr: Die andern wollen immer mitquatschen, aber wenn's ums Geld geht oder Verantwortung zu übernehmen ist oder Entscheidungen zu treffen sind, dann ziehen sie den Schwanz ein.
Schon seit 1999 wurde immer wieder kolportiert, daß der damalige EVP- und heutige Stadtwerke-Chef Paff-hausen gerne mehr Einfluß auf das Tagesgeschäft genommen hätte. Erinnert sei hier nur an das weinerliche ORB-Interview vor der EVP-Zentrale in der Steinstraße. Paffhausen klagte sein Leid: Noch nie wäre er als Hauptfinanzier eines Vereins so schlecht behandelt worden, wie bei Babelsberg 03.
Doch solange Kaminski Vorstandsvorsitzender war, traf dieser die Entscheidungen mehr oder weniger allein. Nicht umsonst war und ist der Vorstand mit wenig einflußreichen Persönlichkeiten besetzt. Erst, als während der Zweitligasaison immer deutlicher wurde, daß Nulldrei wieder absteigen würde, dürften die von Paffhau-sen gelenkten Sponsoren wie e.dis mehr Druck gemacht haben. Letztlich konnte Kaminski diesem Druck nicht mehr standhalten. Er beugte sich offensichtlich auch angesichts des Schuldenberges, der eigentlich nach der Zweitliga-Saison abgebaut sein sollte.
Ein Armutszeugnis war dann die Mitgliederversammlung nach Ende der vergangenen Saison. Der Verein scheint eine mehr oder weniger leblose Hülle zu sein, die sich jeder Selbstdarsteller nach seinem Gusto zu eigen machen kann. Ein Konzept für die Zukunft wurde nicht vorgestellt und scheint von den Mitgliedern den Medienberichten zu Folge auch nicht eingefordert worden zu sein. Einzig an Detlef Kaminski scheiden sich die Geister, wie das knappe Wahlergebnis zeigte.
Wohin der Weg des SV Babelsberg 03 führt, war vor dem Rücktritt Kaminskis nicht klar. Doch daran hat sich unter der neuen Führungsmannschaft offensichtlich nicht viel geändert.
Die meisten Babelsberger Fußballfans werden jedenfalls den sensationellen Aufstieg des Vereins durch die Spielklassen unter Kaminski nicht vergessen. Und unter welchen Umständen dieser Aufstieg zustande kam, wird dann kaum noch jemanden interessieren.
Der in der größten Not eingesprungene jetzige Vorstandsvorsitzende Marc Schulten ist heute Geschäftsfüh-rer der Firma Demex Systembau, einem Münchner Immobilienunternehmen. Die Demex nahm man zuletzt war, als sie das Olympische Dorf in Elstal an den DFB verkaufen wollte. Der sollte hier eine zentrale Fuß-ballakademie für 1000 Schüler errichten. Marc Schulten pries das Projekt mit den Worten "Es sollte das Ha-vard des Fußballs werden.". Doch der DFB hatte kein Interesse. Interessanterweise war Schulten auch schon während seiner Zeit als Geschäftsführer bei der LEG Wohnen für das Olympische Dorf zuständig bis die LEG Wohnen weit unter Wert an die Deutsche Kreditbank AG verkauft wurde. Wie das olympische Dorf jetzt bei der Demex gelandet ist, darüber ist leider nichts bekannt.

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"Die andern wollen immer mitquatschen, aber wenn's ums Geld geht oder Verantwortung zu übernehmen ist oder Entscheidungen zu treffen sind, dann ziehen sie den Schwanz ein."
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