stadionkauf vorherige seite inhaltsverzeichnis nächste seite

Der Stadionkauf zu Babelsberg

Zur brisanten Thematik “SVB 03 will das Karli kaufen, schrieben uns gleich zwei Leser ihre Meinung. Obwohl beide Briefe inhaltlich ähnlich sind drucken wir an dieser Stelle beide ab.

Die Schnapsidee vom Stadionkauf

Vielleicht sollte man frischgebackene Präsidenten ostdeutscher Regionalligafußballvereine nach ihrer Wahl erst einmal einige Wochen in Quarantäne stecken. Vielleicht sollte der Sportteil der Lokalpresse auch einfach einmal Sommerpause machen. Leider ist beides unterblieben. So kam es zur verhängnisvollen Veröffentlichung dessen, was sich Nulldrei-Präsident Marc Schulten unter strategischer Vereinsentwicklung vorstellt.
Natürlich wissen wir nicht genau, ob es der Jugendtraum vom eigenen Denkmal war oder ob Marc Schulten erst vom Anblick futuristischer Stadien in Yokohama und Seoul inspiriert wurde, aber die Botschaft ist klar: Wir brauchen unser eigenes Stadion.
Der Plan ist so einfach wie erschütternd: Das Stadion soll am besten von der Stadt gekauft werden. Dann kann man es als Sicherheit anbieten und Kredite für weitere strategische Investitionen und nötige Ausgaben für den Spielbetrieb aufnehmen. Die Geschäftsstelle zieht dann ins Stadion, wo auch Vereinsgaststätte und Ladenflächen entstehen sollen. Auf dem Vorplatz des Babelsberger Parkes werden neue Trainingsplätze angelegt.
Wie das bezahlt werden soll, verschweigt selbst das Sommerloch. Vielleicht sollte dem Nulldrei-Präsidenten mal jemand erklären, dass der Unterschied zwischen einem Geburtstagsgeschenk und einem Kredit darin besteht, dass man letzteren zurückzahlen muß.
Ob durch Vereinsgaststätte und Ladenflächen im Stadion Kaufsumme und Zinsen erwirtschaftet werden können, darf wohl jeder normale Mensch bezweifeln. Herr Schulten will aber sogar noch bislang städtisches Personal bezahlen und die Lücken des jetzigen Etats aus dem Kredit bezahlen.
Das ist völlig abwegig.
Wer ein derartiges Stadionprojekt angehen will, kommt nicht umhin, vorher zu überlegen, wie es zu bezahlen ist. Da in Babelsberg genug Läden leerstehen, ist die Idee, ausgerechnet im Karli dem Sterncenter Konkurrenz machen zu wollen, bereits die erste Schnapsidee. Die zweite ist die weitere Zersplitterung des Trainingsbetriebs. Wer sein Stadion kaufen will, muß es auch auslasten und nutzen. Einen Hartplatz, der kaum zu mehr taugt, als bei den Heimspielen Autos darauf abzustellen, kann man sich einfach nicht leisten. Das Stadion muß zur Heimstätte nicht nur der 1. Männermannschaft, sondern möglichst vieler Vereinsmitglieder machen. Statt neuer Sportplätze irgendwo sollte das Stadion selbst endlich drei bespielbare Rasenplätze erhalten. Auf dem Gelände des Dokfilmstudios gleich am jetzigen Stadiongebäude oder dem ehemaligen Sitz des Sport- und Bäderamtes können Kabinen, Sauna, Gaststätte und meinetwegen auch ein Sportartikelgeschäft entstehen. Der Bau eines Bettenhauses könnte die Vermietung des Karli für Trainingslager ermöglichen. Natürlich würde so ein Projekt Millionen kosten. Aber es hätte wenigstens eine solide Chance, sich zu tragen.
Die Pläne des Marc Schulten, aus Krediten den Spielbetrieb zu finanzieren und ein Stadion zu kaufen, ohne die Grundlagen zu schaffen, das jemals finanzieren zu können, sind verantwortungslos. An derartig unausgegorenem Größenwahn hat sich schon mancher gerade ostdeutsche Verein übernommen.
Solange kein solides Konzept auf dem Tisch liegt, wie ein Stadionkauf bezahlt werden soll, sollte die Stadt dem Verein das Grundstück nur in befristete Erbbaupacht übertragen. Das verhindert zumindest, dass nach dem Zerplatzen der Seifenblasen das Karli an irgendeine Bank fällt und Nulldrei sich einen Ausweichplatz in Wilhelmshorst oder Nudow suchen muß.


Do it again: Pro Karli!

Es ist noch nicht so lange her, da starteten Nulldrei-Fans eine erfolgreiche Kampagne namens "pro Karli". Hintergrund war das Ansinnen der sogenannten "Bürgerinitiative Schöneres Babelsberg", die die Aufgabe des Spielbetriebs im Karl-Liebknecht-Stadion und einen Neubau anderenorts forderten. Spätestens mit der Inbetriebnahme des Flutlichts hat sich diese Forderung erledigt.
Nun braut sich allerdings neues Ungemach über die geliebte Spielstätte unserer Nulldreier zusammen. Es geht um die Übernahme des Stadions durch den SV Babelsberg 03. Schon länger, noch unter Ex-Präsi Kaminski, gab es Überlegungen, daß Stadion aus der Regie der Stadt Potsdam zu übernehmen. Hintergrund war die schlechte Bewirtschaftung des Stadions durch das Sport- und Bäderamt.
Nun unter dem neuen Vorsitzenden des Vorstands Dr. Marc Schulten werden die Pläne wieder vorangetrieben. Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichteten, will der SV Babelsberg 03 das Stadion kaufen und Potsdams OB-Kandidaten sind angeblich Feuer und Flamme, das nächste Tafelsilber wegzugeben. Schließlich ist ja Wahlkampf und da will man dem Wahlvolk, welches auch zahlreich ins Stadion geht, schnell noch ein paar Geschenke machen.
Schultens Plan sieht vor, das Stadion samt Grundstück billig von der Stadt zu kaufen, um es anschließend bei einer Bank mit einer Hypothek zu belasten. Aus dem Darlehen will er die Löcher im Vereinsetat stopfen und das Stadion ausbauen. Im Gespräch ist hierbei die Verlagerung der Geschäftsstelle auf das Stadiongelände und eine neue Vereinsgaststätte. Die alte traditionsreiche Gaststätte wurde für die zweite Liga in den Presseraum umgewandelt. Da im Stadiongebäude selbst kaum noch Platz ist für Geschäftstelle und Vereinsgaststätte, müßte man sich nach einem Grundstück umsehen, welches sich für die genannten Zwecke eignet. Dafür bietet sich das leerstehende Grundstück an der Allee nach Glienicke Ecke Grenzstraße hinter dem Spielerparkplatz an. Daß es sich um dieses Grundstück handeln könnte, ist allerdings reine Vermutung. Soweit der schöne Plan, der allerdings einige Risiken beinhaltet, die in der bisherigen Diskussion kaum angesprochen wurden.
Die Finanzierung des Spielbetriebs mit einem Hypothekendarlehen kann leicht nach hinten losgehen. Sollte der SV Babelsberg 03 z.B. die Klasse sportlich nicht halten können, dürfte angesichts der hohen Altschulden die Insolvenz vorprogrammiert sein. Was passiert in einem solchen Falle mit dem Stadion? Die Gläubiger dürften dann wohl den einzigen werthaltigen Besitz des Vereins in Anspruch nehmen und schon gibt es einen schicken Wohnpark mehr, wo dereinst Profifußball gespielt wurde.
Das ist aber nicht das einzige Problem. Für ein Hypothekendarlehen müssen Zins und Tilgung gezahlt werden. Das heißt, es müssen zusätzliche Einnahmen her oder Ausgaben an anderer Stelle eingespart werden. Zunächst werden jedoch zusätzliche Kosten zu Buche schlagen: Das Stadion muß bewirtschaftet werden, denn die Stadt wird diese Kosten (für Platzwart usw.) nicht mehr tragen. Sprich Babelsberg 03 muß zusätzliche Leute bezahlen. Für einen Umbau von Gebäuden in Vereinsgaststätte und Geschäftsstelle werden nicht unerhebliche Investitionen von Nöten sein, ehe man drei Mark fuffzig für die Miete der Geschäftsstelle auf der Karl-Liebknecht-Straße einsparen könnte oder ein Pächter Geld für eine Vereinsgaststätte an Nulldrei überweist.
Alles in allem betrachtet kommen doch erhebliche Zweifel an der Durchführbarkeit des Stadionprojektes auf, jedenfalls unter diesen Voraussetzungen. Man kann nur spekulieren, daß Dr. Schulten hier auf einem schmalen Grat wandelt. Schließlich hat er mit Immobilienprojekten als Geschäftsführer der Münchner Immobilienfirma Demex einige Erfahrungen. Gerade das macht stutzig: Zur Demex kam Schulten von der LEG Wohnen (Ex-Sponsor von Nulldrei), deren Verkauf an die Deutsche Kreditbank AG (DKB) der Sargnagel für die LEG Brandenburg war. Die DKB hat nach früheren Aussagen Kaminskis bei Babelsberg in schlechten Zeiten für ausreichend Kreditlinie gesorgt. Wer weiß, welche Rechnungen da noch offen sind. Die Stadt sollte jedenfalls vorsichtig sein. Zu häufig haben solche Konstellationen schon zu verbrannter Erde geführt.
Wenn eine Übertragung des Stadions an Babelsberg 03 erfolgen sollte, dann kann dies sinnvoller Weise nur auf Erbbaupachtbasis stattfinden. Die Erbbaupacht würde Babelsberg 03 eigentumsgleiche Rechte verleihen, auch die Möglichkeit das Stadion mit einer Hypothek zu belasten. Allerdings vermutlich nicht in dem Umfang, wie es bei einem Verkauf des Stadions möglich wäre. Die kurzfristigen Belastungen aus der Erbbaupacht wie die Bewirtschaftung dürften durch laufende Einnahmen (Eintrittsgelder) gedeckt werden können. Eine Finanzierung des Spielbetriebs aus einem Hypothekendarlehen sollte aus oben stehenden grundsätzlichen Erwägungen nicht stattfinden. Einer durchaus sinnvollen Erweiterung des Stadiongeländes um das Grundstück an der Grenzstraße steht eigentlich nichts entgegen, wenn die Einnahmen (Pacht der Vereinsgaststätte, Bowlingbahn, andere Freizeitangebote) ausreichen, um ein solches Vorhaben zu finanzieren.
Für die Stadt hätte ein Erbbaupachtvertrag erhebliche Vorteile: Die Bewirtschaftungskosten für das Stadion würden entfallen. Es stünde aber bei einer Insolvenz nicht zu befürchten, daß das Stadion Teil der Konkursmasse würde.
Ein weiterer Aspekt scheint mir zuletzt noch wichtig zu sein: Bisher wurden die Stadionpläne nur durch die Presse verbreitet. Mit einer so wichtigen Entscheidung müßten sich aber zuerst die Gremien des Vereins befassen: Sprich die Mitgliederversammlung, das "höchste" Gremium des SVB 03. Wenn ich aber an selbige denke, wird mir Angst und Bange. Erinnert man sich an die Posse um die Wahl (oder besser Nicht-Wahl) Kaminskis in den Aufsichtsrat, dann kann man der Stadt Potsdam eigentlich nur raten, keine Geschäfte mit Babelsberg 03 zu machen. Wer nicht mal einfachste Spielregeln des Vereinslebens beherrscht (geschweige denn den Einsatz der U-24-Spieler), dem kann man unmöglich zutrauen, Entscheidungen von solcher Tragweite wie den Kauf des Stadions zu beherrschen.
Deshalb: Vorsicht ist geboten und die Karten müssen auf den Tisch.

Scatterbrain

Stadi.jpg 283x192

Stadio12.jpg 283x190

Stadion1.jpg 283x202

Stadion2.jpg 283x192

Stadion4.jpg 283x188

Stadion5.jpg 283x202

Stadion6.jpg 283x188

stadionnacht.jpg 283x314
ABSEITS Nr: 47 vorherige seite inhaltsverzeichnis nächste seite