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Eigentlich hatte ich mir ja fest vorgenommen, keinen dieser unsäglichen Amateurvereine mit meiner Anwesenheit zu beglücken. Nun begab es sich aber, dass wir mit Bremen und Köln gleich zwei dieser Vertreter hintereinander und dann noch beide auswärts verordnet bekamen. Mehr als sieben fußballfreie Tage hält mein Nulldrei-Herz aber nicht aus und so beschloss ich, mich der Reisegruppe um LePetit anzuschließen. Außerdem hatte ich an das Stadion, in dem normalerweise die Kölner Fortunen zu Hause sind, noch sehr gute Erinnerungen.
Erst mal stand aber am Abend vor der Abreise die lang vorbereitete Soli-Party für unseren guten Jörn auf dem Programm. Im Archiv fanden sich diverse Spendenwillige ein und der ein oder andere von Ihnen wurde auch noch mit dem Versuch genervt, unsere noch stark unterbesetzte Auswärtskutsche auszufüllen. Aber lediglich Lüschi stimmte nach dem Genuss diverser Pilzgen im Verlauf desAbends zu, mit nach Köln zu fahren.
Der Abend dauerte natürlich wieder viel zu lang und so hatte ich wieder einmal das große Vergnügen unter den hämischen Blicken der anderen Reiseteilnehmer vor der Haustür abgeholt zu werden. Da ich dem Kollegen Lüscher nachts zuvor versprochen hatte, auch ihm diese Ehre zukommen zu lassen, bat ich den ermäßigten Netzmeister, um den kleinen Extraweg über Babelsberg. Fischer Lohmeier fand dies überhaupt nicht spaßig, hätte er sich doch so seine strapaziöse Anreise über die Havel sparen können. Immerhin war er mir aber tatkräftig bei dem Versuch behilflich, den einfach nicht die Tür öffnen wollenden Lüschi aus dem Bett zu klingeln, trommeln, rufen... Er wollte wohl lieber weiterschlafen. Zum Glück war „Peter“ Alexander aber am Morgen eine Spontan-Rekrutierung gelungen. Nach den mir überlieferten Erzählungen kehrte wohl Corinna von einer durchschwärmten Nacht zurück, als Mitbewohner LePetit bereits am Frühstückstisch saß. Und da sie eh nichts besseres zu tun hatte, kam sie einfach mit.
Den ersten Teil unserer Anreise gestalteten wir mit den üblichen hochintellektuellen Gesprächsthemen wie Lip-Gloss oder Vanessa Carlton. Plötzlich aber sollte alles anders werden. Die dem heimischen Stadionverbot entflohene und mit im Fahrzeug sitzende Jenny wurde von ihrer Mutter darüber in Kenntnis gesetzt, dass ein Brief vom Verein eingegangen sei, in welchem die Aufrechterhaltung des Stadionverbots mitgeteilt wurde. Da war das Spiel in Köln schon eigentlich kein Thema mehr. Was bilden sich diese Typen bloß ein, den vier „Kriminellen“ auch noch eine Verkürzung der Strafdauer bei Ableistung gemeinnütziger Tätigkeit anzukündigen. Einfach zum Kotzen.
Nachdem auch alle anderen Verbotsinhaber den Erhalt eines derartigen Briefes telefonisch bekannt gaben, war das bestimmende Gesprächsthema natürlich nur noch das weitere Handeln unsererseits. Irgendwann kamen wir dann am Südstadion an und auch wenn keiner so richtig Lust auf Fußball hatte, enterten wir den Gästeblock. Die Sicherheitsvorkehrungen waren wie schon damals beim Spiel gegen die Fortunen sehr gering bis gar nicht auszumachen. Und wenn, dann sollten wohl nur die Besucher der heimischen Tribüne geschützt werden. Konnten wir anfangs noch auf eben diese gelangen um uns aufgrund einer fehlenden gastronomischen Einrichtung im Gästeblock mit diversen Grundnahrungsmitteln zu versorgen, wurde uns der Zutritt schon sehr bald verwehrt. Einige der Sponsoren hatten gelinde gesagt einfach keinen Bock auf uns. Die Alternative war der Besuch des Heim-Fanblocks. Dass wir dort immer wieder verbal angemacht wurden, stellte für die ansässigen Sicherheitskräfte kein Problem dar. Damit müsse man doch als Auswärtsfan rechnen. Lächerlich.
Fußball wurde ja auch noch gespielt und unser Optimismus, den wir auf der mitgebrachten Transpete (550 km bis zum nächsten Auswärtssieg) zur Schau stellten, sollte nicht unbegründet sein. Zwar hatte die als U23 titulierte Ama-Truppe vom FC anfangs mehr vom Spiel aber nach 35 Minuten gelang „Chicken-Run“ Lau der Treffer zum 1:0. So ging es auch in die Pause. Wer aber gedacht hatte, unsere Jungs würden mit der Führung im Rücken das Spiel jetzt bestimmen, der irrte gewaltig. Völlig konfus agierten unsere Mittelfeldakteure und die Jungstars vom Rhein drängten uns immer mehr in die Defensive. Allen voran ein gewisser Frederico, dem es dann auch vorbehalten war uns fast im Alleingang abzuschießen. Erst traf er in der 73 Minute zum Ausgleich um dann 10 Minuten später nach einem totalen Durcheinander im Babelsberger Strafraum die 2:1 Führung zu erzielen. Allerdings muss hier noch einmal erwähnt werden, dass Olli Herber dabei alles andere als eine gute Figur machte. Beim Treffer zum 1:1 lief er einem weiten nach vorn geschlagenen Ball der Kölner völlig grundlos entgegen. Frederico war da um einiges schneller und konnte das Runde lässig an Olli vorbei ins Eckige schieben.
Innerhalb von 10 Minuten hatten wir alles verloren. Und niemand glaubte so wirklich daran, dass hier noch etwas gehen würde. Zu lethargisch hatte sich unsere Truppe zuvor verkauft. Doch irgend etwas muss in den Köpfen der Spieler passiert sein, denn auf einmal zeigten sie uns und dem Rest des Stadions, dass auch sie in der Lage sind mit dem Ball umzugehen. Und waren wir in Krefeld noch im Pech, als wir das 1:0 kurz vor Ultimo kassierten, hatten wir diesmal das Glück des (eher weniger) Tüchtigen auf unserer Seite. Gerade dem großen Schwarm einer jungen Mitreisenden war es vorbehalten, Neu-Trainer Sandhowe’s Bilanz zu retten. Nach einem Freistoß steht er goldrichtig, steigt galant in die Höhe und netzt per Kopfstoß ein. Nachdem benannte junge Dame aus dem Tiefschlaf erwacht war und registrierte, wer denn da gerade getroffen hatte, feierte sie den Punktgewinn wie einen Sieg. Auch dass es bereits angefangen hatte zu regnen, schien sie nicht weiter zu stören. Immer wieder starrte sie auf die Stelle, an der ihr Marcel zum Sprung angesetzt hatte. Erst die einsetzende Dunkelheit ließ sie gewahr werden, dass wir seit Stunden im Auto auf sie warteten.
Auf der Rücktour wurden dann noch diverse Weltrekorde im Liederraten aufgestellt, ein 10-er Bierträger irgend eines Lokalen Gebräus an irgend einer lokalen Tankstelle erworben und gelehrt, diverse andere Genussmittel (gemeint sind natürlich: Pralinen, Salzstangen...) konsumiert und des öfteren die mittlerweile hinterm Steuer Platz genommene Corinna mit dem Wunsch nach der nächsten Pause genervt. Außerdem wurde auch die Idee für den Karaoke-Abend im Fanladen geboren, da LePetits Reinemachkassette von Abbachansons nur so strotzte und sich nach Meinung aller, Dancing-Queen wunderbar für eine „Fußballgott“-Version unseres Marcel Fensch eignen würde. Nur Jenny selbst, die logischerweise als Interpretin ausgewählt wurde, konnte sich mit der Situation noch nicht so ganz anfreunden. Wie es ausgeht, wird man dann wohl erst in der Winterpause sehen.

Bis dahin verabschiedet sich mit tiefer Verbeugung vor allen, die ihre Solidarität mit den grundlos und zu unrecht verurteilten „Stadionverbotenen“ immer wieder zum Ausdruck gebacht haben

chrischan

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