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Universitätssportverein Potsdam

Ja, viel Zeit ist ins Land gegangen, seit das letzte Mal die Rubrik Potsdamer Stadtmannschaften mit Inhalt gefüllt wurde. Heute soll diese Tradition mit der Vorstellung des Universitätssportsverein USV-Potsdam wiederaufgenommen werden. Warum nun gerade dieser Klub ? Richtig, der Autor dieses Artikels ist dort Mitglied. Aber nicht nur er, sondern auch eine ganze Anzahl anderer aktiver NullDreiFans spielen bei einer der beiden unterklassigen Mannschaften des USV.
Eins muß gleich gesagt werden: der Name verwirrt. Klar, man hat seinen Homeground mit dem Uni-Sportplatz am Neuen Palais gefunden (und damit auch unseren lieben Platzwart Katsche). Verwaltungstechnisch läuft natürlich alles unter der Obhut der Bildungseinrichtung im Wappen. Und wir haben sogar einen Trikotsponsor, nomen est omen natürlich der AOK-Studentenservice, der der Mannschaftskasse ab und zu einen Taler zukommen läßt. Aber die Anzahl der Studenten hält sich alles im allen sehr klein. Von neuesten wissenschaftlichen Erkennt-nissen beim Training, sportmedizinischer Betreuung oder neuartigen, Wunderwirkung entfaltenden Stimulantien ganz zu schweigen.
Ursprünglich ist der Spielbetrieb der zweiten Mannschaft, die mittlerweile die erste Mannschaft ist, als Selbstläufer getreu dem guten alten Do-It-Yourself-Prinzip entstanden.
Die Spieler der ersten Stunde kickten sowieso jeden Sonntag entspannt zusammen, kannten sich aus alten gemeinsamen Schulzeiten, und überhaupt hatte man Lust, fern jedes Vereinszwangs und Leistungsprin-zips die Pille zu treten. Tja, jeder weiß um die prekäre Situation der fehlenden Spielflächen in Potsdam. Ist man kein eingetragener Verein, braucht man beim Sport-und Bäderamt nach einer Hallenzeit, geschweige denn einer Trainingszeit für einen Rasen- oder Kunstrasenplatz gar nicht nachfragen. So beschloß man, pro forma eine zweite Mannschaft beim USV zu gründen, um fortan in der Stadtklasse anzutreten und den Unisportplatz nutzen zu können. Ein Beschluß, der für die gesamte Sportwelt von äußerster Tragweite war (grins):
Schon unsere Spieltrikots und Hosen der ersten beiden Spielzeiten sorgten für Aufsehen auch außerhalb Potsdams. Joppi, seines Zeichens Physiotherapeut bei Alba Berlin, besorgte uns die nicht mehr benötigten Aufwärmtrikots und Hosen der Erfolgsbasketballer. Nur, wer ist schon so groß wie Theoman Ötztürk oder Alexis Wendell ? So sahen die meisten von uns schon etwas eigenartig aus in den viel zu großen Klamotten. Ist schon sehr witzig, wenn man den Hosenbund zwei mal umschlagen muß, damit die eigentlich als kurze Shorts antizipierten Dinger einen nicht um die Fußknöchel wackelten. Dafür wurden wir auch regelmäßig vom Gegner verlacht, aber ebenso unterschätzt und die ersten zwei Saisons gelang der glatte Durchmarsch. Das ist aber nicht das einzige, was für Gelächter sorgte. Auch Trainer hält man bei uns für überflüssig. Nein, nicht wegen des unsrigen Könnens, sondern eher wegen einer Ablehnung von autoritären Menschen in schlechtsitzenden Trainingsanzügen, die einem erzählen, was man alles nicht kann, wie schlecht man doch eigentlich ist, was man noch verbessern muß usw... Training, Einwechslungen und Aufstellung übernimmt daher ein Spielerrat. Das führt dann dazu, daß man nun im 3. Jahr hintereinander souverän die Klasse hält, nämlich die 1.Kreisklasse, und das Vergnügen hat, in solch illustren Orten wie Kienberg, Pessin oder Elstal auswärts gleichzeitig wichtige Groundhoppingpunkte zu sammeln (hat einer von euch dort mal ein Spiel gesehen ?) Besondere Highlights stellen manchmal die Kontakte mit der örtlichen Dorfbevölkerung dar. Da wird schon mal munter gepöbelt, ZickZackStudentenpack uns fröhlich entgegengebracht und der wöchentliche Frust am Wochenende durch gröbste Fouls resublimiert. Man stellt halt als vermeintlicher Student zuweilen ein gutes Feindbild dar. Dies führt dann unsererseits zu einer schwankenden Mannschaftsstärke zwischen 25 und 9 Spielern, je nach Verletzungsstand unserer Allstars.
Schiedsrichter ? Ja, auch solche gibt es, aber ich möchte keiner sein, denn entweder wäre ich dann blind auf beiden Augen, so jedenfalls die am häufigsten verwandte und harmloseste vorkommende Beschimpfung, oder ich wäre akut lebensmüde. Regen sich im Karli zurecht die Gemüter beim Flaschenwurf, so ist es im manchen Dörfern Sitte und Brauch, daß der Schieri nach dem Spiel sein Auto auf schnellstmöglichen Weg aufsucht. Natürlich nur dann, wenn er wider Erwarten doch einmal objektiv und damit auch mal zu Ungunsten der Dorfholzer gepfiffen hat. Ach, und das sei auch noch erwähnt: Ob der etwas längeren Haarpracht einiger unserer Spieler, inklusive meiner Person, muß man sich natürlich auch desöfteren von Spielern wie Zuschauern ein fröhliches: "geh doch mal zum Friseur, Dreckszecke" anhören.
Einen weiteren Wermutstropfen stellt die Machenschaft der Fußballmafia (Fußball-Landesverband, Kreis Havelland-Mitte) dar. Diese schreibt vor, daß ab dem Spielbetrieb in der Kreisliga eine eigene Jugendabteilung Pflicht ist. Also, wir können praktisch gar nicht aufsteigen, da wir gar keine besitzen und dies aufgrund fehlender finanzieller Mittel gar nicht zu Wege bringen könnten. Eine befreiende Wirkung hat dies allerdings nicht, denn einen weiteren Stolperstein legt der Verband kleinen Klubs in den Weg, indem er verlangt, daß jeder Verein einen Schiedsrichter zu stellen hat, was aus der oben beschriebenen prekären Lage keiner von uns ernsthaft in Erwägung zieht. So zahlt man nun schon die vierte Saison in Folge eine sich stetig steigernde saftige Strafe.
So stellt sich regelmäßig für viele von uns die existentielle Frage: Hat das alles einen Sinn ?
Darauf eine Antwort zu finden, ist nicht einfach: schon so einige wurden durch die Unbillen verschreckt und haben sich zurücgezogen. Und keiner kann ihnen es verdenken. Den meisten macht´s jedoch Spaß, ungezwungen und fern von prolliger Vereinsathmosphäre und aggressiven Machogebärden sich selbst verwirklichen zu können. Also heißt´s auch bei uns:
Reclaim the Game

In diesem Sinne Charlez

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